Vom Umgang mit Bäumen

Kreisverkehr Hornstein 2021 irgendwann im Herbst: Kappung einer Platane.

Ich bin Gärtner. Ich habe in meiner Berufslaufbahn viele Fehler gemacht. Immer wieder musste ich zurückkehren an die Orte meiner Schandtaten. Es war gut so, denn so konnte ich die Reaktionen der Pflanzen darauf beobachten.

Eines ist mir mittlerweile klar geworden. Einem gesunden Baum die Krone zu reduzieren bringt langfristig gar nichts, vor allem nichts für den Baum und schon gar nicht wenn es „unfachgerecht“ als sogenannter Stummelschnitt oder Kappung durchgeführt worden ist, wie es leider immer noch vielerorts praktiziert wird.

Kroneneinkürzung und Kronenpflege

Eine Kroneneinkürzung sollte eigentlich nur erfolgen, wenn es die Stand- und Bruchsicherheit des Baumes aus Sicherheitsgründen erforderlich macht. Klar, es gibt verschiedene Baumarten. Manche vertragen Schnitte besser, manche schlechter. Aber schauen sie sich die Bäume doch mal an. Ein natürlich (ohne viele Eingriffe) gewachsener Baum ist das Schönste was es gibt und stellt im Regelfall auch keine Gefahr dar. Ganz im Gegenteil zu Bäumen, welche unfachgerecht behandelt wurden. Als sinnvoll gilt die Kronenpflege. Dabei werden tote, kranke, gebrochene, beschädigte oder sich reibende Äste entfernt und Aststummel nachgeschnitten.

Kappung, Stummelschnitt und deren Folgen

Ein starker Schnitt (Stummelschnitt, Kappung) stresst den Baum enorm. Der Baum ist praktisch in Lebensgefahr! Um zu überleben bildet er sogenannte Rutentriebe (Ständertriebe) und entwickelt hierbei eine atypische Kronenform mit „Überlängen“ aus. Die Triebe bildet er, weil er ja dringend Blattmasse braucht um seine Lebensvorgänge aufrecht zu erhalten. Außerdem sterben zum Teil Wurzeln ab, weil der Baum diese dann nicht mehr versorgen kann, was in weiterer Folge aufgrund der fehlenden Verankerung im Boden zu „Kippversagen“ führen kann. Und das oft erst Jahrzehnte nach der Schädigung. Somit wird der Baum in seiner Substanz allgemein stark geschwächt.

Natürlich gewachsene Krone,
Art-typische Kronenform
Atypische Baumkrone, Kappung in der Vergangenheit
Starke Kappung, atypische Kronenform

Wenn Schnitte im Allgemeinen zu groß sind (was auch bei einer Kappung der Fall ist), kann der Baum die Wunde, den Schnitt, nicht mehr richtig schließen. Über die Jahre morscht der Baum mehr und mehr, von der Wunde ausgehend, immer weiter ins gesunde Holz hinein. Die Wunde ist Eintrittspforte für Bakterien und Pilzsporen die dem Baum ungemein schaden können.

Kappung vor längerer Zeit, Ständertriebe wurden bereits eingekürzt um Bruchrisiko zu minimieren, Faulstelle von unten nicht einsehbar …
… von oben schon

Im Fall des Stummelschnitts/Kappung werden gleichzeitig die Ständertriebe (auch von der Wunde ausgehend) immer größer.

Was ist die Folge? Irgendwann wird es dazu kommen, dass Ständertriebe ausbrechen, weil sie an der Basis angemorscht sind. GEFAHRENPOTENTIAL!

Gut zu beobachten ist das in der Lindenallee, wo vor Jahrzehnten, aus heutiger Sicht, grundsätzliche Fehler gemacht worden sind, welche sich oft erst jetzt bemerkbar machen.

Das alles ist insofern ein Drama, weil falsch behandelte Bäume dauerhaft geschädigt sind und man sie zur Herstellung ihrer Verkehrssicherheit laufend nachbehandeln muss (Kostenfaktor!).

(Jung-)Baumpflege

Durchaus gibt es Situationen wo man Bäume durch gewisse Schnitte und andere fachgerechte Maßnahmen unterstützen kann. Bäume bilden auch Fehlentwicklungen aus, die zum Beispiel im Wald zu keinen großen Problemen für Dritte werden können. Aber im urbanen/dörflichen Bereich ist die Sache natürlich aufgrund von Sicherheitserwartungen eine andere.

Stämmlingsbruch wegen Druckzwiesel (Baumfehlbildung)
In Baumwunden können Pilzsporen eindringen, die den Baum dann nach und nach schädigen

Ich als Mensch kann diese Fehler erkennen und sie z.B. durch gezielte Schnitte ausmerzen. Vorzugsweise und kostengünstig im Jungstadium (Jungbaumpflege), denn da wird die Schnittfläche meist nicht so groß sein und der Baum ist noch sehr vital. Er wird die Wunde schnell verschließen können.

Überwallung noch nicht abgeschlossen, aber wird möglich sein
Vollständige Überwallung einer Schnittwunde, da die Schnittfläche kleingehalten wurde

Und so ein Jungbaum kann dann im Idealfall voll durchstarten und zu einem mächtigen sicheren wunderschönen Großbaum heranwachsen, der im Regelfall keine großen Pflegemaßnahmen mehr benötigt. Vorausgesetzt man lässt ihn gewähren.

Ich plädiere hiermit für einen nachsichtigen Umgang mit Bäumen. Bäume mildern die Folgen des Klimawandels. Vor allem große Bäume. Denn sie haben das Potential ihre Umgebung zu kühlen (Hitzewellen!).

Große Bäume haben ein großes Blätterdach. Dadurch werfen sie viel Schatten. Gleichzeitig besitzen sie viel Blattmasse. Jedes Blatt verdunstet Wasser. Durch diese Kombination sind sie eigentlich eine große Klimaanlage :). Ganz abgesehen vom Wohlfühlfaktor den Bäume mit sich bringen. Kurzum, Bäume haben einen enormen Wert. Bestehende Bäume sind daher unbedingt schützens- und erhaltenswert! Natürlich vorausgesetzt, dass sie verkehrssicher zu erhalten sind!

Baumschutz

Bei Baumaßnahmen (welcher Art auch immer) müssen nicht zwingend alle Bäume weichen. Erhaltenswerte Bäume können vorab durch sogenannte Baumschutzmaßnahmen gesichert werden um Beschädigungen im Zuge der Baumaßnahmen zu vermeiden. Ebenfalls zum Baumschutz gehört, sich vor einer Pflanzung vorausschauend genauestens zu überlegen welche Baumart für welchen Standort geeignet ist. Das würde viel unnötige, unfachgerechte „Herumschneiderei“ und somit viel Schaden (Kosten) vermeiden.

Juglans nigra im Winter

Beobachten sie den Umgang (oder Nichtumgang) mit Bäumen in ihrer Umgebung und die Reaktion der Bäume darauf! Sie sollten sich dafür auf jeden Fall einige Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte Zeit nehmen. Denn bei falsch gesetzten Maßnahmen werden die negativen Auswirkungen oft erst Jahre später bemerkbar. Und Jahre oder Jahrzehnte sind für Bäume gar nichts, wenn man bedenkt, dass Bäume bei richtiger Behandlung (oft Nichtbehandlung) hunderte von Jahren alt werden können.

Viel Spaß beim Beobachten! Und auch viel Traurigkeit, wenn wieder mal ein Riese weichen muss, oder … wie soll ich sagen … misshandelt wird?

Über diese Initiative

Die Initiative Zukunft Hornstein ist ein Dialog- und Bürgerforum für die Menschen der Gemeinde Hornstein.

Wir sind ehrenamtlich engagiert und haben es uns zum Ziel gesetzt, die Entwicklungen in Hornstein zu verfolgen, darüber zu informieren, Ideen einzuholen sowie selbst einzubringen, kritisch zu hinterfragen und zur Diskussion zu stellen.

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